Trio Transmitter & Marine Madelin 4.5.2021 Unerhörte Musik

Trio Transmitter & Marine Madelin

Florian Bergmann, Bassklarinette, Klarinette
Benedikt Bindewald, Violine, Viola
Alba Gentili-Tedeschi, Klavier
Marine Madelin, Sopran


Piece of Mind


Benedikt Bindewald

Hochhäuser voller Menschen (2020)
für Bassklarinette, Violine, Klavier und Videoprojektion

In unserer heutigen Welt sind wir sehr viele Menschen, die oft auf engem Raum zusammenleben, in Hochhäusern (ob mehr oder weniger hoch, spielt keine Rolle) sind wir sehr nah, auch wenn es sich nicht so anfühlt, Wände trennen uns, verschiedene Kulturen und Religionen trennen uns, verschiedene Weltbilder trennen uns, und so wird die räumliche Nähe zu einer ideellen Ferne. Umgekehrt wurde und wird in der Covid-19-Krise spürbar, wie Nähe auch entstehen kann, wenn wir räumlich getrennt sind. Verbunden durch das Internet wird die sonst nur persönliche direkte Nähe zwangsläufig auf die Ferne hin ausgetestet, wir sind gezwungen, eine Nähe mit Menschen herzustellen, zu denen wir nur Telefon- oder Video-Kontakt haben können.
Dieses Stück nimmt einen Faden auf von einem früheren Stück: einszweidrei - Stück herbei, in dem am Ende die Geige im Klavier verschwindet und das Klavier verschlossen wird. In Hochhäuser voller Menschen ist die Geige bzw. der Geiger im Klavier, per live-Übertragung aus der Ferne klingen seine Töne aus dem Klavier heraus. Er ist in dieser Box eingesperrt und versucht von dort aus in Kontakt zu kommen mit seinen beiden Trio-Partnern am Klavier und an der Bassklarinette. Er taucht aus Cluster-Ketten auf, wird wieder zerstückelt von schlechter Übertragung, die sich auch auf die Mitspieler überträgt, es gibt alles überdeckende Artefakt-Geräusche, aber am Ende verbinden sich die Stimmen der Instrumente sowie die Sprech- und Gesangs-Stimmen der Spieler doch zu einem seelenvollen Miteinander. Aber was gibt es eigentlich auszuhandeln, wenn man so weit voneinander entfernt ist?"


Luciano Berio

Sequenza VIII (1976)
für Violine

Während die anderen Sequenzae von Berio sich zumeist im Extrem mit einer sehr begrenzten Anzahl an Spieltechniken beschäftigen, wandert die Sequenza VIII für Violine Solo durch die verschiedensten Bereiche der Violintechniken. Den Zusammenhalt bringt das Kreisen um die Töne a und h, die wie ein Kompass durch das Stück leiten, angelehnt an die Chaconne von J.S.Bach. Berio beschreibt sie selbst als eine Huldigung an dieses grosse Violinwerk von Bach und an die Violinliteratur der Vergangenheit.


Peter Ablinger

Ohne Titel (2019, Arrangement)
für Stimme, Bassklarinette und Klavier

„Aus Instruments &“

Arrangement für Trio mit Stimme. Die Originalbesetzung ist Violine, Bassklarinette und Klavier.



"Damit etwas die reinste, klarste
Form annehmen kann, muss es
aus etwas Undurchdringlichem,
Trübem, Konturlosem hervorgehen"
(Roberto Calasso: Die Glut)

"es geht nicht um eine Performance/Show,
es geht um die Herstellung eines Geheimnisses.
Das Sprechen/Murmeln ist eher verhüllt
durch das Spielen als dass es sich zeigt.
Die Musik versteckt etwas. Sie erzeugt
durch ihre Verhüllung einen Raum dessen
was versteckt wird, oder undeutlich ist,
ungewiss ist."

"Wenn das Stück woanders beginnt
muss es auch woanders enden: nicht
am Schluss: es muss vorher abbrechen,
es darf NIE zu-Ende gespielt werden."

(Peter Ablinger, 2019)

"Die Klänge sind nicht die Klänge! Sie sind da, um den Intellekt abzulenken und die Sinne zu besänftigen. Nicht einmal das Hören ist das Hören: Das Hören ist das, was mich selbst erschafft."


Luciano Berio

Sequenza III (1966)
für Stimme



Alexander Bauer

aquariumsleben (Version Transmitter, 2021)
für Stimme mit Talkbox, Bassklarinette, Viola und Klavier UA

„aquariumsleben“ beschäftigt sich mit dem kompositorischen Umgang mit Sprache sowie der Frage, ob und wie die Form „Lied“ im 21. Jahrhundert (noch) möglich ist.
In seiner Ursprungsversion für Stimme und Klavier bzw. Keyboard geschrieben (die typische, vielgebrauchte und daher schwierige Kunstliedbesetzung), wird den beiden Ausübenden* die Möglichkeit der Klangerzeugung weitestgehend geraubt - Stimme und Klavier werden zu akustischen Schatten ihrer selbst.
Das musikalische Material generiert sich aus der Frequenzanalyse einer computergenerierten Stimme, welche den Text von Mercedes Spannagel „spricht“. Der aus diesem Tonhöhenmaterial gewonnene Klavierpart erklingt nicht akustisch (etwa auf einem Flügel), sondern wird mittels einer Talkbox in den Mundraum der Sängerin* eingespielt. Diese singt nicht, sondern filtert durch stummes Formen der Worte den Klavierklang - das Klavier ersetz quasi die Stimmbänder der Sängerin. Zwei, die nicht alleine, sondern nur gemeinsam genug „Kraft“ aufbringen, das Lied erklingen zu lassen.
Diese Version für Trio Transmitter geht auf die brüchige/trashige Klanglichkeit der Talkbox ein und überträgt diese durch verschiedene Methoden (z.B. Präparationen der Instrumente / verschiedene Mirkofonierungsarten) auf das Ensemble.