Rittershausen (WÜ) Neue Glocken der kath. Pfarrkirche St. Matthäus (Turmaufnahme)

Ein klangvolles fünfstimmiges Glockengeläute beherrbergt der weithin sichtbare Turm der kath. Pfarrkirche St. Matthäus in Rittershausen, einem Ortsteil der Gemeinde Gaukönigshofen im Ochsenfurter Gau. Nachdem in den beiden großen Weltkriegen insgesamt fünf Glocken verloren gegangen sind, befand sich nach Kriegsende 1945 nur noch die kleine Evangelistenglocke auf dem Kirchturm. Sie wurde bereits zum Ende des 13. Jhdts. von einem unbekannten Meister gegossen und trägt die Namen der vier Evangelisten in gotischen Majuskeln als spiegelverkehrte Schulterinschrift. Sie zählt zu den älteren, undatieren Glocken der Diözese Würzburg und erklingt nach alter Tradition noch heute über dem Ort, wenn ein Kind geboren wird. Um die hist. Glocke zu entlasten hatte man sich relativ bald nach dem Krieg um die Anschaffung eines neuen Geläutes bemüht. Nachdem die finanziellen Mittel beschafft worden waren, konnte 1949 ein dreistimmiges Geläute in der Neu-Ulmer Gießerei Benjamin Grüninger entstehen, welches allerdings nicht aus normaler Glockenbronze (ca. 78% Kupfer, 22% Zinn), sondern dem Ersatzwerkstoff Weißbronze gegossen wurde. Nachdem man 1956 die Fertigung von neuen Glocken für die Nachbargemeinden Sonderhofen und Bolzhausen in der Passauer Firma Perner in Auftrag gegeben hatte, goss diese auch für das Rittershäuser Geläute eine Klangkrone, die Matthäusglocke. Das vierstimmige Geläute aus der Nachkriegszeit wurde in einem neu geschaffenen Stahlglockenstuhl im obersten Geschoss des Turmes montiert, die hist. Evangelistenglocke hingegen ein Stockwerk tiefer. Bis 2019 erklang das Geläute mit der Tonfolge ~f' as' b' c'' e'' in diesem Zustand. Nachdem bereits im Jahr zuvor Schäden am stählernen Glockenstuhl festgestellt wurden, riet man der Kirchengemeinde auch den Austausch der drei Weißbronzeglocken, welche mit ihrem gegenüber den gewöhnlichen Bronzeglocken recht weichen Material über eine kürzere Lebensdauer verfügen, an. Da die Glocken bereits drei mal gedreht wurden und die Anschlagstellen ausgeschlagen waren, entschied man sich auch bald, die klangärmeren Weißbronzeglocken im Zuge der Neuanfertigung des Glockenstuhles durch ein Bronzegeläute zu ersetzen. Im Juni und Juli 2019 entstanden schließlich drei neue Perner-Glocken in gleichnamiger Glockengießerei, welche in den recht schweren Rippen von Schilling und Speranza gegossen wurden. Die drei klanglich und optisch sehr gut gelungenen Glocken wurden schließlich im Oktober 2019 in den Turm aufgezogen und dort gemeinsam mit der älteren Perner-Glocke und der alten Evangelistenglocke im neu errichteten Eichenholzglockenstuhl montiert. Mit der gegenüber den Weißbronzeglocken um einen Halbton vertieften Schlagtonlinie ergibt sich nun ein sehr harmonisches, wenn auch von außen etwas verhaltenes Geläute, welches auch die kleine Evangelistenglocke wunderbar bereichern kann: Denn klanglich darf das neue Rittershäuser Geläute nun durchaus zu den klangschönsten und -vollsten in der Region gezählt werden.

Gl. 1 | Christkönigglocke | e' | 1465 kg | 1287 mm | Rudolf Perner, Passau (2019)
Gl. 2 | Marienglocke | g' | 860 kg | 1075 mm | Rudolf Perner, Passau (2019)
Gl. 3 | Josefsglocke | a' | 740 kg | 1014 mm | Rudolf Perner, Passau (2019)
Gl. 4 | Matthäusglocke | c'' | 300 kg | 790 mm | Rudolf (II.) Perner, Passau (1956)
Gl. 5 | Evangelistenglocke | e'' | 690 mm | unbezeichnet (13. Jhdt)

Daneben existiert ebenfalls eine Aufnahme der ausgedienten Glocken, welche über diesen Link abrufbar ist:    • Rittershausen (WÜ) Alte Glocken der kath. ...  

Nicht weniger prachtvoll als das Geläute ist auch der Kirchenbau, welcher 1785 geweiht wurde. Die Geschichte des Rittershäuser Gotteshauses liegt jedoch noch etwas weiter, nämlich bis zum 13. Jhdt., zurück. Zu dieser Zeit wird erstmals von einer Matthäuskapelle berichtet, aus welcher wohl auch noch die Evangelistenglocke stammen könnte. Auch der romanisch-neugotische Kirchturm hat sich in seinen Ursprüngen noch aus dem 13. Jhdt erhalten. Nachdem der Kirchenbau um 1450 neu errichtet und 1615 vergrößert worden war, entstand ab 1783 das heutige Gotteshaus. Unter Einbeziehung des Turmes konnte der stilreine klassizitische Kirchenbau nach zweijähriger Bauzeit im Sommer 1785 geweiht werden. Wer das prächtige Gotteshaus über die Freitreppe betritt, erkennt schnell das Konzept eines Gesamtkunstwerkes - angefangen am Hochaltar mit Darstellung der Hl. Dreifaltigkeit bis zu den beiden, der Muttergottes und dem Kirchenpatron Matthäus geweihten, Seitenaltären und der reichen Stuckierung im klassizistischem Stil.

Ablauf des Videos:
00:00 Führung durch die Kirche, Geläute "von außen"
02:30 Einzelglocken
09:30 Eindruck der alten Glocken
10:00 Geläute aller Glocken

Herzlich danken möchte ich Pfr. König für die unkomplizierte Ermöglichung der Aufnahme.
Verwendete Quellen, abgerufen am 13.03.2021:
Volk, Karl: Ortsgeschichte der Gemeinde Rittershausen, Abnahmegutachten: Sigurd Knopp.
Daten zu den alten Glocken, Text, Ton und Bild: Ben Schröder, "Glockenzeit".