Sibelius Valse Triste - PROMS 2022 Karlsruhe - Matthias Böhringer, Dirigent

PROMS 2022 Karlsruhe

Jean Sibelius (1865-1957)
Valse triste, op. 44

Sinfonieorchester an der DHBW Karlsruhe
Matthias Böhringer, Dirigent

Walzer – das sind erhabene Bläserfanfaren, schwelgende Streichermelodien und rhythmische Farbtupfer als Begleitung. Das alles ist Valse triste von Jean Sibelius nicht. Vielmehr meint man einem Totentanz beizuwohnen… und liegt damit gar nicht so falsch! Der Dramatiker Arvid Järnefeldt, der Schwager des Komponisten, bat diesen im Jahr 1903 um eine Musik zu seinem Schauspiel Kuolema (Der Tod). Das stark symbolistisch angelegte Stück erzählt von einem Helden, dessen Mutter stirbt, aber als Todesbotin zurückkehrt und ihn selbst in die jenseitige Welt führt, während er in den Herzen der Menschen weiterlebt. Für die Aufführung des Stückes komponierte Sibelius sechs Nummern in einer Mischung aus Instrumental- und Vokalmusik, von denen er vier in eine später veröffentlichte Suite übernahm. Zwei davon, Der Flug der Kraniche und eben Valse triste, etablierten sich als eigenständige Werke, wobei letzteres die weitaus größere Popularität erlangt hat. Die Struktur des Walzers folgt dem entsprechenden Handlungsabschnitt im Drama: Die schwerkranke Mutter erhebt sich im Traum von ihrem Bett und beginnt langsam zu tanzen. Die Musik erblüht durch Hinzukommen von Flöten, Hörnern und Klarinetten zu einer Ballszene, wo sich geisterhafte Paare drehen. Die Mutter ist zu schwach um mitzuhalten, mobilisiert aber ein letztes Mal ihre Kräfte. Da fliegt die Tür auf, der Tod tritt ein und der Walzer bricht in einer Generalpause zusammen. Die Musik verklingt in ein schwermütiges Nichts. Valse triste überlagerte mit seiner Popularität lange das übrige Schaffen des Komponisten in seinem Heimatland. Gleichzeitig trug das Stück wesentlich dazu bei, die Position von Jean Sibelius als finnischer Nationalkomponist nachhaltig zu stärken.
Text: Stefan Müller-Ivok

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