Gewaltfantasien. Jesus und die Ehebrecherin

In den meisten Köpfen ist die Geschichte von Jesus und der Ehebrecherin aus dem Johannesevangelium ein bedrohliches Steinigungsszenario. Jesus rettet eine junge Frau vor lüsternen und rachedurstigen Pharisäern und Schriftgelehrten. Bemerkenswert ist dabei, dass diese Diskussion im Tempel stattfindet, wo gar keine Steine herumliegen und nicht hingerichtet wird. Der Tempel ist ein Ort der Lehre und Diskussion. Warum also spielt die Gewalt hier eine so zentrale Rolle, wo es doch darum geht, die Gebote der Tora auszulegen und Konflikte in Familie und Gesellschaft gütlich beizulegen? Und wie wirken die Schilderungen vom Lynchmob im Religionsunterricht und Kindergottesdienst? Katharina von Kellenbach liest Jesu Antwort „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“ antisemitismuskritisch und warnt davor, diese Geschichte naiv und unreflektiert Im Unterricht einzusetzen.
In unserer Reihe Antisemitismuskritische Bibelauslegungen stellen wechselnde Exeget*innen neue Bibelauslegungen vor, die der tradierten Stereotypisierung von Juden, Jüdinnen und Judentum entgegentreten.
Katharina von Kellenbach ist Visiting Fellow in Christian-Jewish Relations am Boston College und Professor Emerita of Religious Studies am St. Mary's College of Maryland. Von 2020 bis 2024 koordinierte sie das Akademieprojekt Bildstörungen, das die theologischen Erkenntnisse des jüdisch-christlichen Dialogs fruchtbar machen will für die pädagogische Arbeit in Schulen und Gemeinden sowie für die politische Jugend- und Erwachsenenbildung.
Weitere Informationen unter https://www.eaberlin.de/themen/projek...