Präludium und Fuge a-moll BWV 543 live - "Bach à la Schweitzer" - Rainer Noll, Orgel (14.9.2025)

Im Gesprächskonzert "Bach à la Albert Schweitzer" zu Schweitzers 150. Geburtstag und 60. Todestag am 14. September 2025 an der Walcker-Orgel (1905) der Oranier-Gedächtniskirche in Wiesbaden-Biebrich spielte Rainer Noll Bachs Präludium und Fuge a-moll BWV 543 im Geiste Schweitzers:
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0:34 Präludium a-moll BWV 543/1
5:25 Fuge a-moll BWV 543/2

Albert Schweitzer zu BWV 543:

Präludium:
Die Transkriptionen für Klavier, die ihm widerfuhren, haben dieses Präludium der ganzen musikalischen Welt vertraut gemacht. Sein Schicksal ist dennoch keineswegs beneidenswert. Das Glück, das ihm zu Teil wurde, bestand eigentlich nur darin, dass die Virtuosen des Klaviers und der Orgel sich um die Wette beeiferten, es mit Crescendi und Decrescendi, die ihm fremd sind, zu plagen. In Wirklichkeit ist es von Anfang bis zu Ende auf demselben Manual und in demselben Forte vorzutragen.
Die ersten, die es wagten, diese in der Satzweise und dem Plan des Stückes begründete, dem achtzehnten und noch der ersten Hälfte neunzehnten Jahrhunderts selbstverständliche Anschauung wieder auszusprechen, wurden als Pedanten und Narren verlacht. Zum Glück war es hier – wie auf anderen Gebieten – der Torheit nur vergönnt, die Wahrheit auf Zeit, aber nicht auf die Dauer aufzuhalten.
Man spiele das Präludium streng im Takt und in ruhigem Zeitmaß, damit es groß und majestätisch vor dem Hörer vorüberziehe. [Vorworte, S. 115f]

Fuge:
Am längsten hat Bach an der a-moll- [BWV 543] und der g-moll-Fuge [BWV 542] gearbeitet. [BB, S. 236]
Der herrlich einfache Plan der Fuge ist nicht verkennbar. [Vorworte, S. 116]
Während einige von Bachs Orgelwerken als notierte Improvisationen entstanden sind, weisen andere, unabhängig von ihrer Entstehungsgeschichte, Anzeichen für umfangreiche Überarbeitungen auf, bevor sie ihre endgültige Form erreichten.
Eine davon ist die Fuge in a-moll. Eine dreistimmige Klavierfuge in derselben Tonart enthält bereits in ihren ununterbrochenen Sechzehntelnoten die Grundzüge des Themas der Orgel-Fuge. Auch ihr Aufbau und ihre Behandlung sind ähnlich.
In ihrer frühesten Form muss die Fuge in a-moll vor 1720 entstanden sein, aber ihre endgültige Orgelfassung könnte durchaus aus einer viel späteren Zeit stammen.
Die Fuge ist eine Komposition von absoluter Reife, doch die Plastizität des Themas verleiht ihr jugendliche Ausgelassenheit und Schwung, wodurch sie zu einem der beliebtesten Orgelwerke Bachs geworden ist. [Plattentext]

Archaistische Tendenzen dürfen in der Musik nicht geduldet werden. Bach wäre der letzte, der sich gegen neue Mittel wehren würde. Manche Stellen - man denke z.B. an den Schluss der a-moll-Fuge – verlangen geradezu nach einer Steigerung im forte selber. Und wie froh wäre Bach gewesen, wenn er auf seinem dritten Klavier das piano durch Abdämpfen der Stimmen, wie solches durch den Jalousieschweller möglich ist, noch weiter hätte fortführen können! Wer dieses Mittel im großen Zwischentakt der a-moll-Fuge nicht anwendet, zuerst im Abschwellen, dann im Anschwellen, versündigt sich geradezu an Bach. Nur muss der Organist von heutzutage diese Mittel so anwenden, dass die alte Architektur der Fuge nicht durch eine neue ersetzt wird und die einzelnen Peripetien des Tonstücks dem Hörer in ihrer Einfachheit klar werden. Innerhalb dieser Grenzen darf er machen, was ihm notwendig scheint. Wenn dies einmal allgemein anerkannt ist, wird viel unordentliches Wesen, das sich jetzt in der Interpretation der Orgelwerke Bachs unter dem Vorwande der Virtuosität und Genialität breit macht, verschwinden, und man wird von der Kunst, die interessiert, zu der, die befriedigt, zurückkehren. [BB, S. 265]

Dass durch diese und ähnliche Verfahren [der Effekthascherei] fesselnde Effekte zu erzielen sind, sei nicht geleugnet. Aber die große Linie des Crescendo und Decrescendo, welche den Reiz des Zwischenspiels [der a-moll-Fuge] ausmacht, geht verloren. Man sorgt für die Zerstreuung des Hörers, statt auf sein inneres Anschauungsvermögen zu wirken, aus dem die Gefühle des Großen und Erhabenen entspringen. [Vorworte, S. 117]

Zur Interpretation Rainer Nolls:
https://erbacher-hof.de/schweitzer/te...
Homepage: https://www.erbacher-hof.de