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Präludium und Fuge h-moll BWV 544 live - "Bach à la Schweitzer" - Rainer Noll, Orgel (14.9.1925)

Автор: Rainer Noll

Загружено: 2025-10-12

Просмотров: 173

Описание:

Im Gesprächskonzert "Bach à la Albert Schweitzer" zu Schweitzers 150. Geburtstag und 60. Todestag am 14. September 2025 an der Walcker-Orgel (1905) der Oranier-Gedächtniskirche in Wiesbaden-Biebrich spielte Rainer Noll Bachs Präludium und Fuge h-moll BWV 544 im Geiste Schweitzers:
0:00 Infos
0:34 Präludium h-moll BWV 544/1
9:05 Fuge h-moll BWV 544/2

Worte Schweitzers zur Interpretation von BWV 544:
Eine hastige Ausführung macht dieses Präludium zu einer Karikatur seiner selbst. Es erfordert Ruhe und Rhythmus.
Das Präludium hat etwas vom Stil der Orgelwerke seiner Jugend. Diesen eignet ein spezieller Charme wegen der Belebung, die sie erzielen durch konstante Abwechslung zwischen Haupt- und Nebenmanual. Und so besitzt das Präludium in h-moll die Perfektion einer Schöpfung der reifen Meisterschaft und gleichzeitig den Charme der Jugendlichkeit. Von der Form her gesehen ist es ein Konzert in italienischem Stil. Das Präludium ist in Wirklichkeit ein symphonischer Satz, in welchem ein machtvolles Hauptthema und mehrere Nebenthemen, alle durch denselben rhythmischen Gedanken untereinander verbunden, sich in kühnem Spiel miteinander auseinandersetzen.
Das Fugenthema ist eines der unscheinbarsten, die Bach schrieb. Es enthält keine Spur der interessanten Linie und des klar strukturierten Rhythmus, die normalerweise Bachs Fugenthemen auszeichnen. ... Es handelt sich nicht um eine architektonische Schöpfung wie normalerweise bei Bachs Fugen, sondern um eine Meditation. Achtel- und Sechzehntelnoten fließen nebeneinander her, beide in Ruhe, aber in farbiger Folge von Modulationen durch das ganze Stück. Es manifestiert sich ein Rückzug darin von der Unruhe dieser Welt. Trotz der Molltonart nichts Düsteres, stattdessen mildes Leuchten. ... Allgemein enthält das Stück, wie so oft bei Bach, einen guten Anteil an zurückhaltender Überschwänglichkeit.
In dem langen Zwischenspiel im piano, das den Mittelteil der Fuge darstellt, tritt kein neues Thema auf – eine Seltenheit bei Bach. Die Achtel des Themas und die begleitenden Sechzehntel wandeln daher, als ob sie träumen. Ab und zu vermeinen wir ein fernes Gockengeläut zu hören.
Der Eintritt des zweiten Kontrasubjekt, im Sopran kombiniert mit dem Hauptthema im Alt, verleiht der langen Schlusssektion eine grandiose Feierlichkeit, mit der die Fuge im forte schließt.
Widor liebte diese Fuge besonders wegen ihres „überirdischen Wesens“. [Zitat Ende]

Bei aller historischen Kenntnis, die Schweitzer hatte, wollte Schweitzer weg vom Historischen und hin zum Ästhetischen, sowohl als Orgelspieler wie Orgelfachmann – ganz im Gegensatz zu einer historischen Strömung unserer Zeit. Nicht zurück zur Orgel der Bachzeit wollte er, sondern von da aus weiter zu einem Ideal ästhetischer Vollkommenheit. So schreibt er: „Es ist an der Zeit, dass die Ästhetik an die Stelle der Geschichte trete und das Wesen der Bachschen Kunst in seiner ganzen Tiefe und seiner reichen Mannigfaltigkeit zu erfassen suche.“
So meinte er, dass, wer den Jalousieschweller, den Bach noch nicht kannte, nicht benutze, um die Architektur eines Werkes herauszuarbeiten, sich geradezu an Bachs Geist versündige.
Bewundernswert, und auch heute noch eine Herausforderung an den Zeitgeist, ist Schweitzers Kraft des Glaubens an das eigene Ideal, die hier deutlich wird. Sie kann gar nicht anders, als rein historische Betrachtungsweisen zu überschreiten und hier und jetzt selbst Geschichte zu schreiben.
Schon der Musikwissenschaftler Leo Schrade (1903 - 1964) schrieb 1962: „Er [Schweitzer] wollte weg vom Historischen und hin zum Ästhetischen, denn das schien ihm der feste Punkt, von dem aus ein neues Bachverhältnis zu gewinnen war. (…) Der Freimut, mit dem Schweitzer die Freunde der Musik aufforderte, sich von der rein geschichtlichen Sicht wegzuwenden und der Ästhetik zuzukehren, zeigt einen geistigen Mut, der in der Musikliteratur unserer Tage kaum seinesgleichen hat."
Alles Epigonenhafte, archaistische Tendenzen und Historizismus lehnte er ab. Nicht um die Wiederbelebung oder gar Nachahmung historischer Ideale ging es ihm, sondern um die Schaffung neuer Ideale für seine Zeit, durch eigenschöpferisches geistiges Ringen aus der Vergangenheit und Gegenwart für die Zukunft gewonnen. Persönlichkeiten der Vergangenheit dienten ihm allenfalls als Katalysatoren für geistige Prozesse, nicht als zu kopierende Vorbilder.

Leider gehen in der halligen Akustik der Oranier-Gedächtniskirche viele artikulatorische Details unter.
RN
Vergleiche auch die Interpretationen auf der Voigt-Orgel (1886) in Wiesbaden-Nordenstadt:    • Rainer Noll spielt Johann Sebastian Bach: ...  ,
auf der Steinmeyer-Orgel in Wiesbaden-Bierstadt:    • Rainer Noll spielt BWV 544 - Präludium und...  
und auf der Förster & Nicolaus-Orgel (1970) in Kelsterbach:
   • Rainer Noll spielt Präludium und Fuge h-mo...  

Zur Interpretation Rainer Nolls:
https://erbacher-hof.de/schweitzer/te...
Homepage: https://www.erbacher-hof.de

Präludium und Fuge h-moll BWV 544 live - "Bach à la Schweitzer" - Rainer Noll, Orgel (14.9.1925)

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