Eilenburg (D) die Glocken der evang. Kirche St. Nikolai

Fünf Glocken bilden das reizvolle und nicht alltägliche Geläute der Stadtkirche Eilenburg.

Tonfolge: h° c' d' e' g'

Nachdem die Kirche im Bombenhagel des Kriegsjahres 1945 vollständig ausbrannte wurden auch die darin hängenden Eisenglocken von 1917 vernichtet. Die kleinste Glocke von 1601, Mettenglocke genannt, kehrte vom Glockenfriedhof in Ilsenburg zurück. Sie überlebte beide Weltkriege und ist einziger Überrest des ehemals vierstimmigen Geläutes, dass der Erfurter Gießer Hieronymus Möringk in den Jahren 1601 und 1602 fertigte. Es musste schon im Ersten Weltkrieg abgegeben werden. So blieb diese kleine Glocke über 50 Jahre von 1947 an das einzige Instrument, dass den riesigen Eilenburger Kirchenbau mit Klang erfüllte.
Aus dem abgegangenen Ort Werbelin, der dem Tagebau Delitzsch-Südwest zum Opfer fiel entstammt die zweitkleinste Glocke. Sie ist ohne Zweifel ein Werk des Halleschen Gießers aus dem Jahr 1517 und wurde 1997 mit der Rekonstruktion der Turmhaube in den Turm gehangen. Aus dieser Werkstatt des Halleschen Gießers lassen sich nach bisherigen Forschungen etwa 100 Glocken nachweisen, über die Hälfte von ihnen dürfte erhalten sein. An den damaligen Ort Werbelin erinnert heute nur noch der Name des Sees. Für mehr Informationen zum abgegangenen Ort: https://de.wikipedia.org/wiki/Werbelin
Die drei großen Glocken goss die Glocken- und Kunstgießerei Lauchhammer im Jahre 2008. Sie bilden eines der größten Geläute dieser Gießerei überhaupt. Für die Planung und Umsetzung des Ergänzungsprojekts mit gewagter Tonfolge zeichnete sich der Sachverständige der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands zuständig. Klanglich kann man es ohne Zweifel als gelungen bezeichnen.

Eine kleine f''-Glocke aus dem Jahr 1500 befindet sich seit 2011 in einem kleinen Glockenstuhl im untersten Turmgeschoss. Bis 1999 hing sie am Gemeindehaus St. Georg in Eilenburg-Ost.

Mit der Anschaffung des neuen Geläutes erhielt St. Nikolai auch eine dementsprechend differenzierte Läuteordnung, die über das Kirchenjahr hinweg viele ansprechende Motive enthält und das Vollgeläute nur an wenigen Festtagen vorsieht. Für die Planung und Umsetzung des Projekts mit gewagter Tonfolge zeichnete sich der Sachverständige der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands zuständig.
Zusätzlich zum schwingenden Geläut sind die drei großen Glocken mit Schlaghämmern versehen. Das hat folgende Gründe:
Täglich um 12 Uhr erfolgen 12 Friedensschläge auf die h°-Glocke, es wird nicht schwingend geläutet.
Täglich um 17.59 wird auf den Glocken c' und d' die erste Melodiezeile von "Nun danket alle Gott" gespielt. Darauf folgt das Läuten von Glocke 2.

Eine zusätzliche Tradition, die auf die Bedeutung Eilenburgs als Martin-Rinckart-Gedenkort abzielt ist, dass zu seinem Geburts- und Todestag (24. April und 8. Dezember) anstatt des regulären Abendläutens das Halbtonduett der beiden größten Glocken erklingt.

Info: Zum Zeitpunkt der Besichtigung der Glockenstube fanden Sanierungsarbeiten am Turm statt, so dass in der Glockenstube Baugerüste montiert waren und ein schwingendes Geläut nicht möglich war. Die Bauarbeiten sind mittlerweile abgeschlossen.

Ich bedanke mit herzlich bei der Gemeinde Eilenburg für die Ermöglichung der Tonaufnahme!